Tuesday, August 4, 2015

gemeingefährlich

Mein letzter Post ist richtig lange her - meine neugewonnene Freiheit hat doch ganz schoen Einfluss auf mein Leben gehabt. Mein Nummer 7 ist doch ab Anfang Juli ebenfalls im Kindergarten und das eroeffnet ganz neue Perspektiven - manche ganz toll, manche aber auch niederschmetternd.

Darueber schreibe ich ausfuehlich im naechsten Post, jetzt gehts aber erstmal um Nummer 1 und 2.

Die beiden Maedels sind naemlich gemeingefaehrlich - zumindest laut Ihrem Trainer.

Sport war bei IHR und mir immer wichtig - somit machten wir es fuer die Kids auch wichtig. Doch was fuer eine Sportart ist die perfekte fuer ein dreijaehriges Maedel, fragten wir uns vor 6 Jahren.

Die Frage war einfach beantwortet, da ich als Kind und Jugendlicher Karate gemacht hatte und es recht weit brachte. SIE war einverstanden und wir haben es probiert, zumal wir hier in der Naehe einen Club haben (jaja, das heist Dojo), der Kinder ab 3 Jahren aufnimmt. Findet man selten sonst.

Karate ist eine feine Verbindung von Training aller Muskelpartien des Koerpers, Ausdauer und ernsthafter geistiger Auseinandersetzung mit dem Koerper, der Kampf- (besser: Verteidigungs-) kunst und anderen Menschen.

Nummer 1 fing mit 3 an und nach ihr bisher alle anderen inkl Nummer 5, der neulich begann.

Mit 3-jaehrigen kann man natuerlich noch nicht ernsthaft trainieren und da der Trainer ein damals schon ueber 50-jaehriger war, war ich sehr gespannt.

Aber das meist spielerische Rumtoben, kombiniert mit nach und nach immer feineren Bewegungen war und ist die perfekte Methode, die Kinder bei Laune zu halten und gleichzeitig auf das eigentliche Karate hinzuarbeiten.

Alle machen immer noch Karate und Nummer 1 und Nummer 2 hatten letzte Woche wieder eine Pruefung und tragen nun den braunen respektive den blauen Gurt. Und wir sprechen von den richtigen Gurten, nicht den "Kindergurten" die es auch gibt (also z.B. braun/weiss blau/weiss kombiniert)

Ich fragte den Trainer danach dann nach langer Zeit einmal wieder, was er von den Maedels haelt - also sportlerisch.

Und da meinte er dann, die beiden seien gemeingefaehrlich. Auf meiner Verwunderung hin erklaerte er, dass ich damals ja bei Beginn des Trainings von Nummer 1 u.a. meinte, Karate sei wichtig fuer das Maedel, damit sie spaeter im Ernstfall auch mal reagieren kann.

Nummer 1 - so der Trainer - braucht schon jetzt mit 9 Jahren nichts mehr zu fuerchten - ein normaler kraeftiger erwachsener Mann wuerde bei einem Uebergriff auf sie hoechstwahrscheinlich im Krankenhaus landen.

Und Nummer 2 - ebenfalls der Trainer - wuerde sich in der selben Situation so gut wehren koennen, das die allermeisten Angreifer schon nach kurzer Zeit von Ihr lassen wuerden.

Ziel erreicht!

Nicht nur in Bezug auf die Verteidigung sondern auch sportlich und moralisch. Letzteres sehe ich dadurch, dass beide noch nicht ein einziges Mal Karate gegenueber anderen Kindern angewendet haben - noch nicht einmal spielerisch. Mal von den Karateaktionen bei uns im Garten abgesehen, da kann aber jeder zumindest ein wenig Karate. Also ausser Nummer 6 und 7 natuerlich aber die finden das auch spannend.

Ersteres habe ich die letzten Wochen gesehen, als ich wieder mehr Zeit fuer das Laufen hatte und als alter Sack endlich wieder die 10 km unter einer Stunde geschafft hatte. Beide sind jetzt mehrmals mitgelaufen und waehrend ich nach den 10 km ernsthaft nach einen Sauerstoffgeraet suche, schwitzen die beiden noch nicht einmal richtig.

Bin begeistert!

Doch jetzt faengt es fuer Nummer 1 an ernst zu werden. Jetzt wird auf den schwarzen Gurt vorbereitet, den sie spaetestens in einem Jahr halten soll.

Das ist zwar keine absolute Seltenheit bei Kindern mit 10 Jahren, aber doch etwas aussergewoehnliches, wie meine Internetrecherche ergeben hat. Und es wird sehr heftig darueber diskutiert, ob Kinder in diesem Alter schon moralisch ausgereift sind, um damit umgehen zu koennen. Schliesslich koennen Sie andere mit den erlernten Techniken durchaus schwer verletzen, wenn nicht umbringen.

Meine Antwort dazu: eindeutig ja. Mit dem richtigen Trainer, der absolut hoechsten Wert auf geistiges Training und moralische Werte legt, sind Kinder in diesem Alter sehr wohl faehig, das volle Ausmass ihres Sports zu begreifen und dementsprechend richtig zu handeln.

Ich behaupte sogar, dass Karate die geistige Reife foerdert und die Kinder wesentlich verantwortungsvoller macht.

Fuer Nummer 1 bedeutet das jetzt 4x Training die Woche. Unter der Woche 3 mal "normales" Training - normal heisst dann aber, dass sie bei den 15-18 jaehrigen trainiert. Und Samstag gibt es Spezialtraining, das sind zwei 18 jaehrige Jungs und mein 9 jaehriges Maedel, die zusammen mit dem Cheftrainer arbeiten - alle drei wohl starke Kandidaten fuer den Wettbewerbssport.

Jetzt muessen wir demnaechst entscheiden, was wir mit dem Rugby machen. Nummer 1 und 2 - und seit letzter Woche Nummer 3 - spielen Rugby und es macht Nummer 1 viel Spass - zumal sie richtig schnell ist und auch nicht zimperlich (jaja, das Karate).

Aber 6x Sport in der Woche ist heftig, zusaetzlich zum Klavierunterricht 2x die Woche. Da bleibt nicht viel Zeit fuer Freunde - Schule ist hier in England ja Vollzeit (zum Glueck!!!!).

Aber das muss sie entscheiden. Definitiv entschieden hat sie schon, dass sie das Karate maximal betreiben und sogar turniermaessig machen moechte.

Wir werden sehen.

Nummer 2 trainiert jetzt 3x die Woche - das bedeutet mit dem Rugby auch schon 5x Sport die Woche - und sie ist erst sieben... ich weiss nicht so recht - aber Spass macht es ihr eindeutig. Und sie wird wahrscheinlich schon mit acht den braunen Gurt machen und wenn sie genauso begeistert dabei bleibt, hat sie den schwarzen Gurt schon mit neun...

Dem Trainer spreche ich mein groesstes Vertrauen aus - obwohl auf die 60 zugehend (oder vielleicht gerade deswegen?) hat er eine tolle Art mit den Jugendlichen und alle moegen ihn fast schon wie einen zweiten Vater. Und das Samstagstraining macht er umsonst, obwohl ich mich stark dagegen gewehrt hatte.

Falls einer meiner Leser kleine Kinder hat - ueberlegt mal ernsthaft, ob Karate nicht was waere. Ich finde es einen perfekten Sport, insbesondere fuer Kids... Fragen dazu beantworte ich gerne!

8 comments:

  1. Ich bin immer ganz atemlos, wenn ich deine Posts lese. Als wenn ich jmd. beim seiltanzen oder jonglieren zusehe... Schlechter Vergleich, anyway. Auf deine kleine Gemeingefährliche kannst du stolz wie Bolle sein.

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    1. nee, das mit dem Seiltanz ist eine perfekte Beschreibung - zumindest wie mein Leben sich momentan anfuehlt. Stolz bin ich - keine Frage

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  2. Also, "gemeingefährlich" würde ich das ja nicht nennen - gefährlich okay (eher wehrhaft), aber keineswegs gemein. Bei der Bezeichnung dachte ich eher, sie würden andere Kinder vermöbeln, aber das ist ja nicht der fall. Meine Tochter hat als Kind Jiu Jitsu gemacht, aber nach unserer Übersiedlung aufs Land die Lust dazu verloren. Inzwischen ist sie eine jugne Frau und hat andere Interessen - das mit dem Wolfsspaziergang hast du ja schon gesehen, und das hier gefiel ihr auch gut: http://rostrose.blogspot.co.at/2015/04/uber-den-wolken-leuchtets-orange.html
    Ich bin jedenfalls definitiv und absolut der Meinung, dass sich Kinder wehren können sollten.
    Herzliche Rostrosengrüße von der Traude
    PS:
    Wenn es dich interessiert: Bloomsday in Dublin (Teil2)
    http://rostrose.blogspot.co.at/2015/08/irland-reisebericht-dublin-on-bloomsday.html

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    1. Das mit dem gemeingefaehrlich mag an der Uebersetzung und der Dramatik liegen.... ja, das mit dem wehren koennen ist ein wichtiger Teil!

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  3. Ich kenne einige "Kinder", die heute groß sind und schon seit der Kindheit Kampfsport machen - sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind sich ihrer Verantwortung und dessen, ws sie können und was sie damit "anstellen" können sehr bewusst und sie sind verdammt gut im deeskalieren. Deine Kleine(n) scheinen da auf einem guten Weg zu sein, Du kannst zu Recht stolz auf sie sein!

    Liebe Grüsse
    Clara

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  4. Meine Kinder sind auch mit Begeisterung zum Judo gegangen. Es hat weder ihnen noch anderen Mitmenschen geschadet. Leider haben sie als Erwachsene damit aufgehört, aber ich bin fest davon überzeugt, dass ihnen das vermittelte Selbstbewusstsein durch die Schule(n) geholfen hat. Aus beruflichen Gründen sind wir häufig umgezogen, für Kinder ist so ein Neubeginn in einer anderen Stadt besonders schwer.

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    1. ja - es staerkt definitiv das Selbstbewusstsein. Ich bin ja richtig gespannt, wie lange meine das Durchhalten. Momentan sieht es nach lange aus - aber die Pubertaet ist ja noch nicht da...

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