Tuesday, May 26, 2015

Nummer 5

Seit 3 Monaten und 6 Tagen bin ich alleinerziehender Vater von 7 Kindern. Eigentlich hat man da keine Zeit zum Schreiben, aber wir werden ja sehen, was daraus wird.

Jetzt schreibe ich einfach mal mit diesem Blog meine Gedanken auf. Vielleicht schreibe ich mir damit auch einiges von der Seele, wie es mir eine gute Freundin geraten hat. Trotzdem hoffe ich, dass der Blog im grossen und ganzen froehlich wird, auch wenn es der erste Beitrag nicht zu werden droht.

Nummer 5 hat heute Geburtstag, 3 isser geworden, der suesse Spatz. Schwiegermama - also Oma - ist mit dem Rudel ans Meer gefahren.

Sieben Kinder sind eine Herausforderung, das kann ich wohl sagen. Zum Glueck bin ich selbstaendig und kann mir meine Zeit gut selber einteilen - In der Regel bedeutet das aber maximal 3-4 Stunden Schlaf pro Tag, zumal Nummer 7, anders als alle davor, mindestens 3x pro Nacht Hunger hat. Aber man gewoehnt sich dran, obwohl ich manchmal eher einen Zombie im Spiegel sehe.

Trotzdem: die Kinder sind toll, Schwiegermama ist auch toll - und wenn sie hier ist, was sie seit dem Unfall fast jede 2. oder 3. Woche fuer ein paar Tage ist, dann hab ich auch tatsaechlich mal ein wenig Zeit fuer mich, so wie gerade.

Ach ja, ich schreibe nur selten Umlaute, da ich beruflich eine englische Tastatur benutze - uebrigens leben wir in England, nur zur Info.

Aber es geht heute ja um Nummer 5. Der dritte Geburtstag ist wohl der erste, den Kids so richtig erfassen koennen. Und er freut sich schon seit einem halben Jahr drauf.

"Wann ist denn meine Birthday-Party, Papa?"
"Is it today, my birthday party, Daddy?"

Das hoere ich seit Monaten jeden Tag mehrfach, meist nicht so sauber in deutsch und englisch geteilt, sondern bunt gemischt. So bunt gemischt spricht hier jeder, ausser Nummer 1. Die hat es schon drauf, sauber die Sprachen zu unterteilen und bei Nummer 2 klappt es auch schon oft recht gut.

Und dann hat er es heute morgen verpennt, dass er Geburtstag hat. Darauf haben wir spekuliert, als wir - das sind Nummer 1 bis 4, Schwiegermama und ich gestern Abend dekoriert und einen Kuchen gebacken haben. Nummer 5 bis 7 waren prima muede und haben brav geschlafen.

Er kam also runter und dann ging ein Strahlen ueber sein Gesicht, als er die Deko sah. An Geschenke hat er ueberhaupt nicht gedacht, sondern sich zuerst auf den Kuchen gestuerzt. Nummer 1 hat dann heimlich von hinten sein kleines Fahrrad gebracht, das Hauptgeschenk fuer ihn. Fahradfahren ist hier in England zwar gemeingefaehrlich, aber wir haben einen schoenen ruhigen asphaltierten Weg in der Naehe, und da fahren sie immer wenn schoenes Wetter ist.

Er hat sich kaum eingekriegt mit dem Fahrrad und natuerlich mussten wir alle raus und mit ihm Fahrrad fahren. Das kann er schon eine Weile und bisher hat er sich immer mit Nummer 4 um's Fahrrad gestritten. Aber jetzt hat jeder eins - ausser natuerlich Nummer 6 und 7.

Ich hab die Kinder heute nicht in den Kindergarten gebracht und da Ferien sind, bleiben die grossen auch zu Hause. Nummer 5 leidet am offensichtlichsten unter der fehlenden Mama und da dachte ich mir, lenken wir ihn mit dem ganzen Rudel ab.

Es ist natuerlich nicht so, dass die anderen nicht darunter leiden. Nummer 1 und 2 begreifen das natuerlich schon gut und gehen es von der rationalen Seite an. Obwohl sie sonst alles andere als rational sind.

Nummer 6 und 7 sind da eher problemlos, da sie noch nicht wissen, was Sache ist. Nummer 3 weint nachts viel und Nummer 4 mag nicht drueber reden - kategorisch nicht. Das macht mir durchaus Sorgen aber ich sage mir, die Zeit wird es bringen.

Nummer 5 fragt viel nach Mama. Er weiss an sich sehr wohl, was tot bedeutet. Manchmal verdraengt er es aber anscheinend und fragt dann oft zigmal am Tag, wann Mama nach Hause kommt. Das macht es leider fuer das Rudel und mich nicht einfach.

Wir waren sogar beim Psychologen. Der meinte dann aber voellig uneigennuetzig, dass die ganzen Geschwister zusammen viel bessere Psychologen seien, als er es je sein koennte. Und er sagte, dass die Zeit alle Wunden heilt - nur die Narben verschwinden nicht...

Und das Rudel war echt prima heute - Nummer 5 hat nicht einmal nach Mama gefragt.

Jetzt geht's an's Kochen. Nummer 5 hat sich was gewuenscht. Ratet mal: Spaghetti Bolognese...

4 comments:

  1. Hallo, Sie hatten mir bei der Misanthropin bezüglich der Südafrikareise meines Sohnes geantwortet. Danke nochmals dafür.
    Alle Ihre Posts habe ich durchgelesen - ich bin (beinahe) sprachlos! Das sind prima Kinder mit einem prima Vater. Kleine Katastrophen (Arm gebrochen, hingefallen, schlechte Noten, wasweißich) gehören zu jedem Leben, bei Ihnen ist's eben hoch sieben. Nur die eine, die große Katastrophe, die hätte wirklich nicht sein müssen! Respekt!
    Grüße von Pu

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  2. Auf in ein neues spannendes Leben! Obwohl mich der erste Beitrag schon traurig stimmt, aber was passiert ist, kann man wohl nicht mehr rückgängig machen...
    *** Ich wünsche viel Kraft, viel Gesundheit und mehr Schlaf! ***


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    "Und das Rudel war echt prima heute - Nummer 5 hat nicht einmal nach Mama gefragt."

    Ich glaube ihr solltet für den Kleinen ein kleines Abschiedritual machen oder einen Mama-Thron (wo er ihr nah sein kann) bauen. Eine kleine Ecke, wo die Kinder mit ihr reden können, hingehen können, sprechen, weinen .... Auch wenn es traurig macht!

    Wenn ein Kind nach seiner toten Mama fragt, ist das natürlich schwierig, aber ich würde versuche, es nicht als "schlecht" rüberkommen zu lassen (Nach dem Motto: Frag doch nicht immer nach ihr)
    bzw. ein guter Tag ist nur dann, wenn er nicht fragt.... (Kommt bei mir so rüber).


    Für den Papa:
    Die Zeit heilt leider nicht alle Wunden. Sie macht nur ne dicke fette Schicht Schorf drüber. Ich drück euch so die Daumen, dass alles irgendwie besser wird.

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    1. Danke fuer Deinen Rat. Es ist nicht so, dass wir es verdraengen mit der Mama. Es haengen und stehen von Ihr Bilder - aber nicht mehr oder weniger als von anderen Familienmitgliedern und wenn Nummer 5 fragt, dann wird sich ausgiebig mit ihm beschaeftigt und er versteht es auch.
      Was aber verdammt schwer faellt, ist zu sehen, wie unendlich traurig er dabei ist.
      Und ich versteh ihn. Ich denke jede freie Minute an SIE und ich vermisse SIE so sehr.
      Deswegen bin ich manchmal froh, wenn Mama kein Thema ist...

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    2. Natürlich ist der Kleine traurig und das ist auch gut so, dass er es offen zeigt (und nicht ins sich reinfrisst oder nicht traut zu fragen).
      Wenn offen mit der Trauer und dem Abschied umgegangen wird, ist es glaube ich, eine schrittweise Heilung, auch wenns schwer fällt.

      Jetzt wo SIE in Gedanken noch nahe ist, werden solche Fragen noch oft kommen.... leider

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