Tuesday, September 29, 2015

Coq au vin

Nachdem ich ja gerade in den "blutigen" Themen drin bin, erzaehle ich doch mal von unserer letzten Schlachtung. Das war noch vor meinem Kettensaegenmassaker. Mein Vater war gerade wieder weg und unser Leben hatte sich wieder etwas normalisiert - wenn man bei uns ueberhaupt irgendwann von "normal" reden kann.

Wir essen in der Regel wenig Fleisch - einmal die Woche und einmal die Woche Fisch. Ansonsten recht fleischfrei.

Wenn dann aber Fleisch, dann bitte gute Qualitaet von moeglichst wenig geschundenen Tieren. Also kaufe ich ausschliesslich Fleisch dort, wo ich genau weiss, wie die Tiere gehalten werden. Da gibt es bei uns Farmer-Markets und einige der Farmer habe ich mit den Kids auch schon besucht.

Gefluegel haben wir selber - also zumindest Huehner. Und zwar eine Rasse, die unter "Feinschmeckern" und Franzosen sehr geschaetzt wird und zudem noch einfach zu halten ist und prima und viele Eier legt. Die "eierlegenende Wollmilchsau" also - wobei es mit der Milch und der wolle noch ein wenig hapert...

Somit schlachten wir 3x im Jahr, immer so ca. 20 Huehner.

Das sind dann einerseits die Hennen, die ueber 3 Jahre alt sind und damit anfangen, deutlich weniger zu legen. Das ergibt absolut fantastische Suppen - solche Suppenhuehner bekommt man heutzutage eigentlich gar nicht mehr zu kaufen.

Andererseits sind das die jungen Haehne, die gerade schlachtreif geworden sind. Die sind delikat - nicht die ueblichen Fleischhuehner aus dem Supermarkt, die schon nach 8 Wochen geschlachtet werden.

Und zuletzt sind das so ein bis drei 1 - 1½ jaehrige Haehne. Die sind das allerbeste, was man an Huhn/Hahn bekommen kann. Ich mache da ausschliesslich "coq au vin" daraus, dazu aber spaeter mehr.

Mache ich uebrigens schon vor "Kokowääh"...

Die jungen Haehne werden 2 Wochen vorher separiert und kommen in ein kleineres Freigehege zum Maesten. In Frankreich kommen die 2 Wochen in kleine Einzelboxen, aber das bringe ich nicht fertig. Sie bekommen dann ausschliesslich geschroteten Mais in Milch zu fressen. Das ergibt ein fein durchgefettetes Fleisch, das richtig saftig ist.

Die Kids sind von klein auf an das Schlachten gewoehnt - wir waren immer der Meinung, Kinder koennen auch sehen, woher ihr essen kommt.

Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass jeder Erwachsenen, der Fleisch isst, auch mindestens einmal selber ein Tier geschlachtet haben sollte. Dann wuerden die Menschen vielleicht ein wenig mehr Achtung vor den Tieren bekommen und hoffentlich weniger Fleisch essen.

Nummer 1 und 2 und ich fangen am Abend vor dem Schlachten die Huehner ein - wir machen das im fast Dunklen, dann ist es am stressfreiesten fuer die Tiere. Die sitzen auf Ihren Stangen und man kann Sie leicht runterpfluecken. Die kommen dann ueber Nacht in Boxen, damit sie morgens nicht den Stress des Fangens haben.

Auch die anderen Huehner muessen morgens nicht mit ansehen, wie ihre Artgenossen fortgetragen werden.

Gleich morgens nach dem Fruehstueck geht es ans Werk. Das ganze Rudel wird verpackt und in den Garten verfrachtet. Hier muessen alle - bis auf Nummer 6 und 7 natuerlich - mithelfen.

Die Art wie wir schlachten, waere in Deutschland illegal, ist aber nach meiner Ansicht die beste Methode, auch fuer die Huehner. In D muessen die Tiere vor dem Schlachten betaeubt werden. Ich mache das nicht.

Es gibt zwei Arten zu betaeuben.

1. Mit Gas - normalerweise CO2. Geht bei uns nicht.
2. Mit einem Schlag auf den Kopf: finde ich eine Unart - ist viel mehr Stress fuer das Tier und da das Huhn nicht gerade kooperiert beim Schlachten und somit den Kopf nicht ruhig haelt, trifft man oft nicht richtig und muss 2 oder 3x draufhauen.

Dann lieber die klassische Methode, bei der die Huehner nicht viel leiden.

Nummer eins und zwei holen die Huehner aus den Boxen und sie kommen kopfueber in einen Trichter. Da koennen Sie nicht mehr um sich schlagen und sind relativ ruhig. Der Kopf haengt unten raus.

Ich lasse die Kids noch nicht selber schlachten, obwohl Nummer 1 und 2 das durchaus machen wuerden.

Zum einen moechte ich das schnell und professionell machen - ohne Leid fuer das Tier. Zum anderen gibt es Dinge, die meines Erachtens den Erwachsenen vorbehalten sein sollte. Meine Kids sollen - soweit moeglich - noch eine Weile Kinder bleiben.

Ein schneller Schnitt also durch die Halsschlagader und die Tiere bluten in schnellster Zeit aus. Die Zucken beim Schnitt noch nicht einmal - das ist ein kleiner, richtig gesetzter Schnitt, der meiner Meinung nach das Tier am wenigsten belastet.

Ich verwende den Begriff "human" hier bewusst nicht. Was ich so von den "Menschen" kennen, muesste ich bei "humaner" Schlachtung die Tiere wahrscheinlich vorher tagelang foltern und dann brutalst moeglich umbringen...

Nummer 3 bekommt das Tier nachdem es tot ist und taucht es in heisses Wasser - es steht ein grosser Topf auf dem Grill im Garten. Das erleichtert das Rupfen.

Nummer 4 und 5 fangen danach schon mit dem Rupfen an - Wir helfen alle mit, nachdem die diesmal 22 Huehner geschlachtet sind.

Nummer 2 macht die Feinarbeit, die die Kleinen noch nicht so gut koennen und Nummer 1 nimmt die Huehner aus. Das kann sie ganz prima. Meine dicken Pranken passen kaum in das Huhn rein.

Ich bekomme die Innereien und muss Herz und Leber separieren. Das lieben wir und das wird unser Mittagessen, nach einer kraeftigen Huehnerbruehe davor.

Das Ganze dauert nicht einmal 2 Stunden - wir sind da ein tolles Team.

Diesmal ist es allerdings ausgeartet. Nummer 6 hat die Kiste mit den nassen Federn vom Tisch gezogen. Die ist voll auf sie drauf - sie war komplett voller Federn und hat erstmal lauthals geschrien.

Das fand Nummer 7 ganz toll. Der kann schon recht gut robben und kam von seiner Decke zu Nummer 6 angerobbt. Nasse Federn schmecken offenbar nicht, weil Nummer 7 dann auch zu schreien anfing, mit einem Mund voller Federn.

So schnell konnte ich gar nicht schauen, bis dann eine "Nasse-Federn-Schlacht" anfing. Am Anfang fand ich das ja noch sehr lustig, bis ich dann eine Ladung im Gesicht hatte. Da musste ich natuerlich eingreifen und habe mich an der Schlacht beteiligt...

22 Huehner ergeben eine Masse Federn - die Terrasse sah vielleicht aus danach. Aber wozu hab ich Kinder? Schnell alle zum Aufraeumen eingeteilt und inzwischen die Huehner eingefroren - bis auf 3 Junghaehne ein Suppenhuhn und einen 1-jaehrigen.

Jetzt gibt's aber mal ein Rezept - macht man doch so in Blogs oder?

Coq au vin - klassisch nach Bocuse - gelernt von meinem Vater.


Eigentlich ist das ein total simples Rezept - nur findet man heutzutage aeusserst schwer und wenn dann nur sehr teuer einen einjaehrigen Hahn von ausgesuchter Qualitaet. Und genau den braucht es fuer ein gelungenes coq au vin.

Zutaten
1 Hahn, beste Qualitaet, einjahrig
2 Flaschen Burgunder, gute Qualitaet
1 kraeftiger Schluck Cognac, nach Bedarf
1 Essloeffel Mehl
Olivenoel
4 EL Butter
3 Karotten, in mundgerechte Stuecke geschnitten
2 rote Zwiebeln, in mundgerechte Stuecke geschnitten
4 Zweige Thymian
1 EL Pfefferkörner, frisch gemoersert
2 Blatt Lorbeer

300g Schalotten
300g Knopf-Champignons
200g Speck, in Wuerfel (ich liebe kraeftig geraeucherten)
2 EL Butter
1 handvoll frische Petersilie, kleingehackt
Salz und Pfeffer

Zubereitung

Den Hahn in 8 Stuecke schneiden, in eine grosse Schuessel geben und mit 1½ Flaschen Wein uebergiessen. Ueber Nacht in den Kuehlschrank stellen.

Am naechsten Tag die Stuecke vom Hahn in Olivenoel und der Haelfte der Butter von allen Seiten anbraten - aber nur bis maximal hellbraun.

Nun den Cognac druebergiessen und flambieren.

Das Mehl dazu und kurz anbraten.

Dann den Wein wieder dazugiessen. Zwiebeln, Karotten, Thymian, Pfeffer und Lorbeer reingeben und je nach Hahn 1-2 Stunden kochen. Das haengt vom Alter, der Qualitaet und der Groesse ab. Ich koche so lange, bis sich das Fleisch leicht von den Knochen loest.

Jetzt den restlichen Wein in ein schoenes Glas eingiessen und erstmal verschnaufen und den Wein geniessen.

Ca. 15 Minuten vor Ende der Kochzeit die Schalotten, den Speck und die Pilze in der restliche Butter anbraten bis das Gemuese weich mit ein wenig Biss ist.

Das dann zum Hahn geben und abschmecken - sollte eigentlich nur noch ein wenig Salz brauchen oder auch nicht, wenn der Speck salzig genug war. Deshalb also auf jeden Fall bis zum Schluss mit dem Abschmecken warten.

Ganz am Schluss die Petersilie dazu und fertig ist der coq au vin.

Ich esse das pur - es passen aber auch prima Kartoffeln dazu.

Wenn man den richtigen Hahn findet, ist das eines der besten Gerichte, das man machen kann - finde ich und findet mein Vater. Und findet Bocuse.

Das gute daran ist, es schmeckt auch noch am Tag danach - vielleicht sogar noch besser.

Noch besser ist, dass die Kinder das nicht moegen! Ich esse also alleine - mit einem Glas Burgunder dazu - auf unserer Terrasse in der Abendsonne und geniesse das Leben. Das Rudel hat zu diesem Zweck einen seltenen Videoabend bekommen - die sitzen alle drin und ich hab meine Ruhe.

Ich weiss dann genau, wie das Gericht entstanden ist. Der alten Bauer musste seinen vielversprechenden einjaehrigen Hahn schlachten - vielleicht verletzt oder so. Dann dachte er sich, das edle Tier muss besonders zubereitet werden und er hatte noch Burgunder im Keller. Also den Hahn rein, ein paar einfache Zutaten dazu - was Bauer halt so im Haus hat - und fertig war eines der koestlichsten Gerichte der einfachen franzoesischen Kueche. Der Bauer sitzt dann wie ich auf der Terasse und freut sich wieder seines Lebens.

Wie ich den Bauern beneide. Mit harter Arbeit in freier Natur sein Brot verdienen.

Das meine ich uebrigens ernst!

Das Rudel und ich mussten nach der Federnschlacht natuerlich gebadet und geduscht werden. Das macht mit unserem neuen Bad so richtig Spass.

Ich sitz mit Nummer 7 in unserer riesigen Badewanne und das restliche Rudel tobt zwischen der Dusche und der Badewanne hin und her.

In die Dusche passen wir uebrigens alle auf einmal rein - die superbreite"Tropenregendusche" ist fantastisch. Und auch in die Badewanne passen wir alle rein - da muss dann aber schon gestapelt werden und neulich ist Nummer 6 untergegangen dabei - hab sie aber rechtzeitig gerettet.

Zur Zeit kann ich leider nicht baden wegen der Wunde, aber duschen mit Folie ueber dem Verband geht schon. Die Entzuendung geht auch zurueck und ich kann schon erste kleine Spaziergaenge unternehmen, wenn auch nur mit Schmerzen, aber ich soll laufen...


11 comments:

  1. Tja, also, schlachten wird wohl kein Hobby von mir...

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    1. Ist auch kein Hobby - nur unser Weg bestes Gefluegel zu bekommen und dabei den Huehnern noch ein fast natuerliches Leben zu ermoeglichen...

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  2. Hallo,
    finde ich klasse, somit wisst ihr was auf den Tisch und es war ein glückliches Huhn. Ihr müsst ja ein riesiges Bad haben, dass liest sich klasse. So eine Dusche ist ja Luxus, allerdings würde sich das bei uns nicht mehr lohnen. Unsere Kids duschen bis auf die Kleine lieber allein,lach. Dein Rezept habe ich gespeichert, das wird nach gekocht.

    LG und weiterhin gute Besserung
    Barbara

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    1. Das Bad ist ganz neu und hat mein Vater uns gebaut - falls es Dich interessiert, das hatte ich ein paar Artikel vorher (burischer Rassist) beschrieben.
      Danke - es geht bergauf!

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  3. Schönes Rezept, danke. Ich muss unbedingt bald zum Markt, Gockel, Speck und Pilze kaufen. Und Burgunder.
    Weiter gute Besserung und Gruß von Pu

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    1. Freut mich - sag mal Bescheid, wenn Du einen prima Hahn bekommen hast und wie es geschmeckt hat.
      Geht schon wieder recht gut - kleine Spaziergaenge sind schon drin - mit Stock allerdings...

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  4. Ehrlich gesagt, wurde so bei uns früher immer geschlachtet (Hasen, Hühner).
    Meine Eltern haben jetzt auch wieder Hühnen und zu Omas Lebzeiten wurden diese noch regelmäßig geschlachtet, jedoch die Schnellmethode:
    Hühnerkopf auf den Holzblock und Kopf ab gehakt! Fertig.

    Wann gibts denn mal ein paar HD Bilder vom Deluxe Bad??

    lg

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    1. Meine Eltern haben jetzt auch wieder HÜHNER!!

      ;-))

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    2. Das mit dem Holzklotz hab ich sein lassen, da die Huehner danach immer so furchtbar rumzappeln. Im Trichter bleiben sie ruhig... Bilder vom Bad? Mal sehen :-)

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  5. Ich liebe diese Art von Lebensgeschichten und freue mich über jeden neuen Post. Toll, wenn der Papa den Kindern hautnahes Leben beibringt und nicht nur Tütensuppen und Dosenfutter zaubert. Ganz großes Kompliment

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  6. Danke! Wir versuchen einfach, weitgehend natuerlich zu leben.

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